Salon

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Nemesis lag ausgestreckt auf einer eleganten Chaiselongue - doch es war keineswegs eine Pose der Erholung oder Entspannung. Nein, es war eine genau kalkulierte Pose, die sie möglichst elegant wirken lassen sollte. Auch wenn es sich bei ihrem Besuch um ihre beste Freundin handelte, ein guter Eindruck war unerlässlich.

Dennoch war sie eher leger gekleidet. Sie trug ein weites, weißes Seidenkleid, im Stil des Empire, das sie nur mehr in vertrauter Runde anlegte. Um es in der Öffentlichkeit zu tragen, war sie wohl doch etwas zu alt. Nicht, dass sie die Figur dazu verloren hätte, sie war noch immer recht schlank, doch als erwachsene Frau ziemte es sich einfach, eine andere Bekleidung zu tragen.

Sie lächelte Elen leicht geistesabwesend an. "Was führt dich zu mir, teure Freundin...?"

Elen erwiderte Nemesis' Blick ernst - auch schon ein Zeichen dafür, dass sie nicht zu einem einfachen Freundschaftsbesuch vorbei gekommen war. Ein anderes war zweifellos, dass sie fast angespannt wirkte, sie sie da auf der äußeren Kante des bequemen Sessels saß und die Hände im Schoß gefaltet hatte. Bevor sie jedoch auf die Frage ihrer Freundin antwortete, holte sie noch einmal tief Luft. Sie wollte heute gleich zur Sache kommen. "Ich bin in der Tat mit einem bestimmten Anliegen gekommen, Nemesis." Elen ließ die andere Frau nicht aus den Augen bei ihren nächsten Worten. "Und zwar geht es um die geplante Eheschließung zwischen deinem ältesten Sohn, Sirius, und meiner Tochter."

Nemesis setzte sich etwas auf. Ihre Freundin wirkte sehr ernst, etwas bedrückte sie wohl. Sie spürte, dass sie angespannter wurde, wie als würde sie Elen imitieren, doch es geschah eher unbewusst. Und dann sprach Elen es aus. Es ging um Sirius, diesen schrecklichen Unruhestifter, und Rhiannon, Elens Tochter.

"Was ist mit der Ehe...?"

Elen schüttelte langsam und ernst den Kopf. "Ich habe lange darüber nachgedacht, Nemesis, glaube also nicht, es wäre eine leichtfertige Entscheidung, die ich nur aus einer Laune heraus getroffen habe." Sie senkte den Blick für einen kurzen Moment auf ihre Hände und dachte über ihre nächsten Worte nach, erst dann sah sie ihre Freundin wieder an. "Aber ich glaube nicht mehr, dass diese Ehe für meine Familie einen Vorteil bringen kann. Es tut mir leid." Und tatsächlich klang Bedauern in ihrer Stimme mit. Nemesis war immerhin ihre beste Freundin, und eigentlich war ihr eine Hochzeit zwischen dem Erben der Blacks und ihrer Tochter immer erstrebenswert erschienen. Aber Sirius hatte sich ganz anders entwickelt als sie es von dem Jungen erwartet hatte.

Nemesis wusste zunächst nicht, wie sie reagieren sollte. Einerseits war sie verärgert - denn wie konnte man es wagen, eine Ehe mit einem ihrer Söhne abzulehnen?! Andererseits war Elen ihre beste Freundin und sie wollte ihr nicht böse sein. Und außerdem hatte sie ja recht, ihr Sohn Sirius war nun einmal eine Schande für seine Familie. Sie spürte, wie die Wut auf ihren missratenen Sprössling in ihr aufstieg. Alles musste er zerstören, nur weil er in Gryffindor gelandet war und sich nun mit den ganzen Blutsverrätern und Schlammblütern herumtrieb!

"Ich... verstehe..." Und sie verstand tatsächlich, es fiel ihr nur schwer, dass auch zu akzeptieren. "Du hast... natürlich Recht, Elen, Sirius ist... eine Belastung..."

Elen seufzte leise. Sie kannte Nemesis gut genug, um die Anzeichen des Ärgers zu sehen, den ihre Freundin verspüren musste. Eigentlich vermied sie es auch immer, die andere Frau zu verärgern, aber dieses Gespräch war nun einmal überfällig gewesen. Sie hatte sich viel Zeit gelassen, immer in der Hoffnung, dass Sirius' Verhalten sich eines Tages wieder bessern würde, immerhin war er ein Black, stammte somit aus einer guten, alten Familie. Aber offenbar legte der Junge keinen Wert auf seinen Stammbaum, und die Vorstellung, ihn mit Rhiannon zu verheiraten, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

"Es tut mir leid, Nemesis", erwiderte sie mit leiser Stimme. "Ich glaube einfach nicht mehr, dass Sirius einen guten Ehemann für meine Tochter abgeben wird, und du wirst verstehen, dass ich Rhiannon nicht mit irgendeinen Mann verheiraten werde." Sie holte tief Luft und sah ihrer Freundin in die Augen. "Dir mache ich keinen Vorwurf, Nemesis. Es gibt in jeder Familie schwarze Schafe..."

Sie nickte langsam. "Natürlich..." antwortete sie, auch wenn sie dabei etwas gepresst klang. "Ich verstehe dich vollständig, Elen..." Sie schloß kurz die Augen. Elen machte sie deswegen keine Vorwürfe. Wenn es umgekehrt wäre, hätte sie ebenso gehandelt. Aber dieses missratene Kind, dieser ungezogene Bengel! Er würde bestraft werden müssen. Mit seinem unerhörten Verhalten hatte er eine mehr als vorteilhafte Verbindung´zunichte gemacht.

"Der Junge ist wirklich unerträglich..." sagte sie schließlich mit kalter Wut in der Stimme. Wie war es möglich, dass er ihr Sohn war, wenn er doch jede Möglichkeit nutzte, sie zu verärgern...? Womöglich war er ein Wechselbalg...

Sie verkrampfte sich. Sie wusste mit seinem Verhalten nicht umzugehen. Sie hasste ihn, weil er ihr immer in die Quere kam, doch sie liebte ihn auch - er ihr Sohn, sie hatte ihn geboren, genau wie die kleinen Mädchen, die sie so sehr geliebt hatte. Aber er war ständig nur bestrebt, ihre Erwartungen zu enttäuschen...

Sie atmete tief durch, dann sah sie wieder zu Elen. "Verzeih, ich war etwas in Gedanken..." Sanft griff sie nach der Hand ihrer besten Freundin. "...es ist bedauerlich, aber nicht zu ändern..."

Elen hatte Nemesis mit besorgter Miene beobachtet. Sie mochte es gar nicht, wenn ihre Freundin sich so verkrampfte. Umso erleichterter war sie, als Mrs Black nach ihrer Hand griff. Sanft erwiderte sie den Druck. "Nein, Nemesis, es ist nicht zu ändern. Du kannst mir glauben, dass ich unter anderen Umständen sehr glücklich darüber gewesen wäre, meine Tochter als Ehefrau deines Erstgeborenen zu sehen, aber..." Sie brach ab und zuckte leicht mit den Schultern. Die Gründe für ihre Entscheidung, die geplante Verlobung doch noch abzusagen, lagen auf der Hand.

"Allerdings gäbe es vielleicht noch eine andere Möglichkeit..." meinte sie nach einer kurzen Pause mit leiser Stimme. Sie hatte lange darüber nachgedacht und auch mit Laurence über ihre Idee gesprochen, und obwohl ihr Mann eigentlich der Ansicht war, Rhiannon sei für eine Verlobung doch noch etwas zu jung, hatte er zugestimmt.

Nemsis schloss kurz die Augen, als sie spürte, wie Elen ihre Hand leicht drückte. Dann öffnete sie sie wieder und sah zu Elen. "Welche andere Möglichkeit...?"

Elen lächelte ihre beste Freundin sanft an. "Sirius mag vielleicht ein unpassender zukünftiger Ehemann für meine Tochter zu sein, aber du hast noch einen Sohn", erwiderte sie mit ruhiger Stimme. "Ich denke, Rhiannon und Regulus würden ein hervorragendes Paar abgeben, zumal sie sich auch sehr gut verstehen. Und Regulus ist ein wirklich lieber und höflicher Junge." Sie hielt kurz inne um Nemesis die Gelegenheit zu geben, ihren Vorschlag aufzunehmen.

Nemesis nickte langsam. An Regulus hatte sie gar nicht gedacht. Gewöhnlich suchten heiratswillige Mütter samt Töchtern auch erst danach, einen Erstgeborenen zu bekommen, aber wenn Elen schon ihren Jüngsten vorschlug. Und sie musste zugeben, dass die Verbindung sehr vorteilhaft klang, zumal Regulus und Rhiannon offensichtlich gut miteinander zurechtkamen...

"Das ist eine gute Idee..." erwiderte sie leise.

Elen lächelte erfreut. "Ja, ich bin davon überzeugt, dass die beiden glücklich zusammen werden." Denn auch wenn sie natürlich darauf achtete, dass der zukünftige Mann ihrer Tochter reinblütig war und aus einer guten, am besten auch reichen Familie stammte, so war es ihr doch mindestens genauso wichtig, dass Rhia mit diesem jungen Mann eine glückliche Zukunft haben würde. Sie würde ihre Tochter niemals mit jemandem verloben, von dem sie nicht den Eindruck hatte, dass er sie mögen würde. Und dass Regulus Rhiannon sehr gut leiden konnte, war recht offensichtlich, es würde sie noch nicht einmal überraschen, wenn die beiden von selbst zusammenfinden würden.

"Laurence ist mit dieser Verlobung ebenfalls einverstanden", bemerkte sie noch. "Ich verstehe, wenn du zuerst noch eine Weile darüber nachdenken oder mit Orion darüber sprechen möchtest, Nemesis. Lass mich einfach wissen, wie ihr euch entscheidet."

Nemesis sah ein wenig gedankenverloren gerade hinaus, und dachte über die veränderte Lage nach. Auch wenn sie eigentlich für Sirius eine Hochzeit mit Rhiannon geplant hatte, so war doch ein Wechsel auf ihren jüngeren Sohn keine schwerwiegende Veränderung, zumal das wilde Wesen ihres Ältesten ohnehin nicht auf viel Gutes hoffen ließ. Wenn er überhaupt in der Lage sein würde, das Erbe anzutreten, das für ihn bestimmt war, dann würde sich auch eine neue Verlobte für ihn finden. Falls er sich denn irgendwann zu benehmen wusste.

"...Ich denke auch, dass sie glücklich werden könnten...Sie mögen sich, nicht wahr?" Ja, man konnte sehen, dass die beiden Kinder einander zugetan waren, immerhin hatte Rhiannon ihre Mutter auch begleitet, um Regulus besuchen zu können.

"Ich sollte in der Tat zuerst mit Orion darüber sprechen, aber ich bin dem Ganzen sehr positiv zungeneigt..." sagte sie und lächelte ihrer Freundin ein wenig zu.

Elen nickte lächelnd. "Ja, sie mögen sich sehr", bestätigte sie. Es war wirklich nicht zu übersehen, dass ihre Tochter sehr an Regulus hing, und eigentlich sollte es sie auch nicht überraschen, wenn die beiden eines Tages ohne das Zutun ihrer Eltern ein Paar werden würden. Nur wollte sie nicht so lange warten, bis sie für Rhiannon eine Verlobung organisierte und die ganze Zeit hoffen müssen, dass Rhia sich nicht selbst einen anderen Jungen aussuchte. Elen hatte zwar nichts dagegen, wenn ihre Tochter die eine oder andere Beziehung hatte, solange sie noch zur Schule ging, solange sie sich dabei anständig verhielt, nicht in Schwierigkeiten geriet und nicht vergaß, dass sie nicht jeden heiraten konnte, aber eine Ehe musste ihrer Meinung nach rechtzeitig geplant werden.

"Das freut mich sehr. Sprich in Ruhe mit Orion darüber, das Ganze hat ja keine Eile. Regulus und Rhiannon sind schließlich noch sehr jung, auf ein paar Tage oder meinetwegen auch Wochen kommt es dabei nicht an." Allerdings fragte sie sich, ob ihre beste Freundin nun auch schon bald mit der Suche nach einer neuen Verlobten für ihren ältesten Sohn beginnen würde. Bei Sirius' Ruf würde es bestimmt nicht leicht sein, ein junges Mädchen aus gutem Hause für ihn zu finden. Ob sie ihre Hilfe anbieten sollte?

Nemesis nickte, als Elen ihre Vermutung, was das zukünftige Glück ihrer beiden Kinder anging, noch einmal bestätigte. Es bestärkte sie in dem Glauben, dass diese neue, geänderte Verlobung gut und von Vorteil war. Zwar war sie nicht der Ansicht, dass es von Bedeutung war, ob zukünftige Ehepartner sich mochten oder nicht – immerhin ging es einzig und allein darum, Vorteile zu bekommen – aber schaden konnte es auch nicht. Aber wenn sie ehrlich war, dann bezweifelte sie, dass ihr jüngster Sohn mit einer lieblosen Ehe zurecht kommen würde. Er war so schwach, so weich… Wüsste sie es nicht besser, sie hätte ihn für ein Mädchen gehalten.

„Ja, das werde ich tun…“ Es missfiel ihr, sich in allem mit ihrem Ehemann absprechen zu müssen, aber so war die Rolle der Frau nun einmal, ganz egal, was sie davon hielt. Der Ehemann musste ebenfalls zustimmen, sonst wurde aus dem ganzen nichts. Sie tat Orion unrecht, denn er schätzte die Meinung seiner Frau tatsächlich, aber in ihrer blinden Wut gegenüber dem männlichen Geschlecht, übersah sie das ganz gerne.